Berlin ohne Kunst und Kater? Kaum vorstellbar. Besonders während der Berlin Art Week, wenn die Stadt im kreativen Ausnahmezustand ist. Kunst und Kultur sind das pulsierende Herz der Hauptstadt, und sie ziehen Menschen aus der ganzen Welt an. Doch wer durch die Galerien zieht, ist nicht der verklärte, elitäre Sammler, der nicht weiß, wohin mit seinem Geld. (War es auch nie.) Es sind überwiegend junge, neugierige Menschen, die auf der Suche nach neuen Impulsen sind – eine Zielgruppe, die für Marken extrem spannend ist.
Als ich vor fast zwei Jahrzehnten meine Diplomarbeit über Kultursponsoring schrieb, sah die Welt noch ganz anders aus. Damals waren es Banken und Luxus-Automarken, die sich mit großen Summen in die Kunstszene einkauften, um ihre Marke möglichst elegant neben exklusive Kunstwerke zu platzieren. Ihre Zielgruppe: die High Society.
An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an die BMW Group Culture, die seit über 50 Jahren echtes Sponsoring auf Augenhöhe betreiben und deren Insights meiner Diplomarbeit einen immensen Push gaben. Auch die Getränkebranche mischte ordentlich mit, um dafür zu sorgen, dass die High Society auf den Events stets mit Champagnergläsern in der Hand abgelichtet wurde. Als ich damals meine eigene kleine Galerie mit einem Mini-Budget führte, war ich für diese hochprozentige Unterstützung dankbarer, als ich zugeben möchte. 😘 Grüße an die KMB Creative Network GmbH!
Aber die Zeiten, in denen sich Medien auf Hochglanz und Promi-Klatsch beschränkten, sind vorbei. Heute ist die Zielgruppe nicht nur Konsument, sie ist selbst zum Content-Creator geworden. Der alte Mechanismus – Luxus trifft Kunst, Champagner fließt in Strömen – das zieht nicht mehr. Klar, es gibt sie noch: die Events, bei denen ein schickes Auto neben einer Logowall steht, und „irgendwas mit Kunst“ passiert. Doch ganz ehrlich: Diese Inszenierungen wirken mittlerweile eher peinlich als beeindruckend.
Social Media hat das Sponsoring-Spiel komplett umgekrempelt. Es geht nicht mehr um die bloße Zurschaustellung von Marken neben teuren Kunstwerken. Es geht um Dialog. Dialog mit der Kunst, mit den Konsumenten und – ja, auch mit der Marke selbst. Und das erfordert Mut, weil die Erfolgsmessung viel schwieriger geworden ist. Clippings zählen? Schnee von gestern. Kontrolle über den Content? Das kannst du vergessen.
Doch es gibt Lichtblicke. Ein perfektes Beispiel ist die Ausstellung „The Foam Room“ von Harry Nuriev, die während der Art Week in der Galerie DITTRICH & SCHLECHTRIEM meines Bruders André eröffnet wurde. Eine Schaummaschine, die thematisiert, wie Kunst oft zu einem reinen Marketing-Gag verkommt. Ein Thema, das bei vielen Unternehmen für Schweißperlen auf der Stirn sorgt – nur nicht bei Telekom Electronic Beats, dem Branded-Entertainment-Format der Deutschen Telekom.
Seit fast 25 Jahren begleiten sie Depeche Mode, hosten eigene Festivals und sind mittlerweile selbst eine Institution in der Musik- und Kulturszene. Und was macht Telekom Electronic Beats so besonders? Sie gehen in den Dialog – ohne mit der Magenta-Keule auf die Gäste einzudreschen. Ein kleiner, unaufdringlicher Kubus am Buffet reicht völlig aus. Die Besucher erwähnen die Marke in ihren Instagram-Stories von selbst.
Natürlich, der Moment selbst ist flüchtig – so flüchtig wie eine Seifenblase. Aber genau das macht ihn aus. Es ist das Gefühl, das bleibt, der Eindruck, der sich einbrennt. Und genau dieser subtile, flüchtige Moment hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck, der die Marke prägt. Telekom Electronic Beats zeigt eindrucksvoll, dass inhaltlich starke Kommunikation und echtes Sponsoring auf Augenhöhe auch im Social-Media-Zeitalter Bestand haben können.
Was lernen wir daraus? Die Zeit der glänzenden Logowalls und plumpen Markeninszenierungen ist vorbei. Kunst und Kultur brauchen heute keine Luxusmarken, die sich danebenstellen, sondern echte Partnerschaften, die auf Dialog setzen. Marken, die den Mut haben, sich zurückzunehmen und gleichzeitig Raum für Kreativität zu schaffen, gewinnen.
Die Kunstwelt und das Sponsoring haben sich verändert – und das ist auch gut so. Wer in der Lage ist, flüchtige Momente in bleibende Eindrücke zu verwandeln, hat nicht nur die Kunst, sondern auch das Marketing verstanden.
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